Nach dem Eisernen Tor folgte ich der Donau rechtsseitig durch Serbien und passierte zwei Tage später die Grenze zu Bulgarien. Es bleibt grandios! Obwohl die Region die ärmste Bulgariens ist und viele Menschen in zerfallenen, improvisierten Häusern leben, strotzen sie nur so vor Lebensfreude.
Als schwierig erweist sich die Kommunikation: Im Gegensatz zu Serbien, wo neben dem kyrillischen Alphabet immer noch das Lateinische verwendet wird, existiert in Bulgarien nur das Kyrillische. Auch mit viel Wohlwollen werde ich aus den Wörtern selten schlau. Da ich aber meist mit Händen und Füßen kommuniziere, ist das nicht so schwerwiegend. Viel irritierender ist, dass die Bulgaren mit dem Kopf schütteln für “Ja” und Nicken für “Nein”.. Verrücktes Volk :)
Am zweiten Tag in Bulgarien erreichte ich die Stadt Vidin, die ärmste Stadt der gesamten EU. Entgegen meiner Erwartung war dies eine erschreckende Erfahrung. Auf der Suche nach einem Supermarkt ging ich über einen Markt, wo die Menschen in Wellblechhütten und auf dem Boden alles anboten, was sich verkaufen lässt: Obst, Gemüse, Autoteile, Hühner, Kaninchen, Elektrokram usw.. Ich fühlte mich unwohl als offensichtlicher Tourist und hatte erstmalig das Gefühl nicht als Mensch sondern als “Geld auf Rädern” wahrgenommen zu werden. Es dauerte nicht lange, da kamen Roma-Kinder angelaufen und bettelten mit offenen Händen. Der Supermarkt war direkt nebenan und ein Junge, ca. 10 Jahre alt, folgte mir bis dort. Ich wollte ihm kein Geld geben, da häufig die Eltern ihre Kinder betteln schicken und später das Geld einsacken. Um ihm eine Freude zu machen, brachte ich ihm Schokoriegel aus dem Supermarkt mit. Er nahm sie glücklich entgegen. Als ich wieder zum Fahrrad ging, sah ich, dass das Schloss zwischen Speichen und Rahmen verklemmt war. Wie mir ein älterer Bulgare signalisierte, muss der Junge mit seinem Freund probiert haben mein Fahrrad zu klauen. Und ich belohnte ihn auch noch dafür!
Auch die restliche Stadt hatte einen seltsamen Flair – ganz anders als in den umgebenden Dörfern, wo die Menschen sicherlich ähnlich arm sind. Die Gemeinschaft scheint hier zerklüftet zu sein, vielleicht wegen der Größe und höheren Anonymität. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass es in der Stadt eher möglich ist einen dem Wohlstand angepassten Lebensstil zu führen und sich so abzugrenzen. Auf dem Dorf wohnt der Eine vielleicht in einem schickeren Haus mit einem glänzendem Auto vor der Türe, dennoch kaufen alle im gleichen Supermarkt ein, essen das gleiche Brot, und sitzen abends in der gleichen (und einzigen) Bar.
Leider habe ich keine Fotos aus Vidin. Da ich mich eh schon unbehaglich fühlte, wollte ich nicht noch meine Kamera zücken..