Nun haben wir nach über 4 Wochen in den Karpaten diese mit einem pompösen Finale endgültig hinter uns gelassen – dem Donaudurchbruch mit den Karpaten zur einen und dem Balkan Gebirge zur anderen Seite.

Ziemlich exakt vor einem Jahr radelte ich auf der rumänischen Seite durchs eiserne Tor Richtung Schwarzes Meer. Dieses mal verließen wir Rumänien über den Staudamm hinter Orsova und radelten auf der serbischen Seite durch die fjordähnlichen Schluchten. Wie auch letztes Jahr war es regnerisch und bewölkt, was die Szenerie noch mystischer und magischer gestaltete.

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Rumänien. Heute ist unser letzter Tag bei dir und am Nachmittag werden wir dich für Serbien verlassen. Es regnet, und auch unsere Stimmung ist schwer und ein wenig bedrückt. 

Wir haben dich in letzten 3 Wochen kennenlernen dürfen als das Land mit dem magischen Licht, den vielen Hängebrücken & den wegweisenden Meilensteinen die uns stets durch deine atemberaubende Landschaften und schnuckeligen Dörfern begleiteten. 

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Du besitzt nicht nur eine unglaubliche natürliche Schönheit, du hast deine Schönheit noch weiter gegeben. Sie spiegelt sich wieder in den Häusern und Höfen, die liebevoll gestaltet, eingerichtet und verziert sind. 
Man schmeckt es an dem Obst und Gemüse, was von den Menschen im eigenen Garten angebaut wird. Und natürlich den Köstlichkeiten wie Zacusca, Burduf und für mich besonders der Blaubeerschnaps Afinata. 

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Aber vor allem sieht man die Schönheit in den Menschen die du beherbergst. Sie haben uns nicht nur freundlich auf dem Rad begrüßt, sondern uns mit einer wunderbaren Selbstverständlichkeit willkommen gehießen und, wann immer sich die Gelegenheit bot, eingeladen ihr Land und zu Hause mit ihnen zu teilen. Auf eine unglaublich offene und humorvolle Art und Weise. 

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Wir verlassen dich mit dem Gefühl von Lebensfreude, Abenteuer, Herzlichkeit und Freundschaft und wir freuen uns jetzt schon darauf wieder zu kommen. Rumänien, danke für eine unvergessliche Zeit.

Mulțumesc, la revedere!

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Wir haben schon mehrfach davon berichtet wie herzlich und offen uns die Rumänen begegnet sind und aufgenommen haben. Die vergangenen zwei Tage – die letzten in Rumänien – waren wieder einmal nur unglaublich!

Wir waren auf dem Weg von Targu Jiu, über Baia de Arama nach Baile Herculane als wir uns hinter Baia de Arama in der Abenddämmerung nach einem Schlafplatz umsahen. Dabei fanden wir einen vielversprechenden Schotterweg ins Grüne. Kiki wollte kurz vorfahren um hinter der Kurve die Location abzuchecken und kam dabei mit einem Rumänen ins Gespräch, der in seinem Garten Feuer machte. Die Kommunikation war schwierig und zur Unterstützung rief er seinen Neffen Viktor an, der mehrere Monate im Jahr in Deutschland arbeitet und daher fließend Deutsch spricht. Er kam daraufhin mit dem Auto vorbei und bot uns an im Garten zu zelten oder bei ihm Zuhause zu übernachten – wie wir wollen. Wir wählten das Zelt und Viktor verabschiedete sich mit einer Einladung zum Frühstück am nächsten Morgen.

Nach einer guten Nacht mit einem wachsamen, süßen Hund im Garten kam Viktor mit dem Auto vorbei, zeigte uns den Weg zu sich nach Hause und stellte uns seine Frau Dana sowie seine Tochter Anna-Maria vor. Das Frühstück war bereits fertig aufgetischt und es gab gekochte Eier, Zacusca, Blaubeermarmelade (alles selbstgemacht!), Brot, Käse und köstlichen Kaffee. Wir fühlten uns wie Könige!

Viktor und Dana erzählten uns viel vom Leben und den Problemen in Rumänien und von ihrer Arbeit in Deutschland: Viktor arbeitet 4 Monate im Jahr auf einem Weingut an der Mosel und Dana im selben Ort in einer Weinstube. Während der Sommerferien (3 Monate lang) lebt auch ihre Tochter in Deutschland.
Bevor wir uns wieder auf die Räder setzten, zeigte Viktor uns noch seine verschiedenen angebauten Weinsorten. Und wir sind uns einig – wir haben nie so leckere und unterschiedlich schmeckende Trauben gegessen! Zudem wurden wir noch reich beschenkt: Selbstgemachtes Zacusca, Ziegenkäse, Blaubeermarmelade und Weißwein von Viktor’s Weingut an der Mosel.. Wir waren überwältigt.

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Nichtmal 5 km weiter trafen wir dann Viktor’s Onkel Dada wieder, den wir am Abend zuvor getroffen hatten. Er begrüßte uns richtig euphorisch und winkte uns direkt in den Vorgarten, der komplett mit Weinpflanzen “überdacht” war.. So aßen wir noch mehr Weintrauben und wurden von der Familie in den Garten eingeladen. Dort leben Daniel und seine Frau Christina mit ihren süßen Töchtern Cosmina, Mirona und Stefanie (8, 7 und 2,5 Jahre alt) und Dada, seine Frau, der nette Nachbar Dima und der 4 jährige Sohn Andree von Daniels Bruder waren zu Besuch. Der Garten lässt sich nur schwer beschreiben: Neben einer gemütlichen Sitzecke gab es prächtige Gemüsebeete, ein Gehege mit Hühnern und einer Ziege und noch zwei Schweineställe. In dem einem befindet sich eine 1,5 Jahre alte Sau, die geschätzt 200 kg auf die Waage bringt und dieses Jahr Weihnachten als Braten enden wird. Das andere Schweinchen hat noch ein Jahr länger zu leben.

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Wir fühlten uns saumäßig wohl und wurden umsorgt mit allerlei selbstgemachten Köstlichkeiten. Angefangen mit Blaubeer- und Himbeersirup mit Wasser, Brote mit Tomaten (die aromatischsten, die wir jemals gegessen haben), Ziegenkäse (Daniel hat eine Herde mit 100 Ziegen), Honig bis zu Pilanka (Plaumemschnaps) und Visinata (Blaubeerschnaps). Die Stunden vergingen wie im Fluge und als wir auf die Uhr guckten war es schon halb 5.. Bis dahin sind wir gerade mal 8 km geradelt :)

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Mit schwerem Herzen und mal wieder überwältigt von der Herzlichkeit machten wir uns dann doch noch auf den Weg Richtung Passhöhe. Wir wurden so reich beschenkt, dass all unsere Packtaschen und Packsäcke überfüllt waren: kiloweise Trauben, Pfirsiche, Birnen, Tomaten, Ziegenkäse, Zacusca, Visinata und Palinka. Die nächsten Tage werden wir an diese unvergesslichen Begegnungen zurück denken, schmausen, Schnaps trinken und uns einfach über dieser wunderbaren Begegnungen und unvergesslichen Momente freuen. 

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Ceausescu, du geiler Typ, danke für diesen legendären Pass!

1600 Höhenmeter später hatten wir wohl unseren schönsten Schlafplatz auf über 2000 moh – dank wachsamer Hunde auch ohne Kontakt zu Braunbären :)

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About Romanian hospitality, japanese fat-reduction-face-rollers and traditional arm wrestling battles on a local village fest

It is only 5 days but it feels like weeks since we left Moldavia for Transylvania. The days were incredibly long allowing for so many different things to happen – ever new, exciting and unexpected occurrences – mostly thanks to incredible people we met on the way and a lot of spontaneity. Those days we learned so much about Romania, the people here welcomed us so nicely and we are a lot (street-) smarter due to many survival tips and first-person history lessons.

From Alex in Bicaz we got to know that we need a fire as bear-protection. In case of being chased by one we have to run diagonally down the hills (bears can only run straight down a hill or horizontally,  so they will be confused).
In the case that I am not able to confuse the bears, I would like to be buried at the graveyard of Sighisoara. It is a magical place, like a secret garden. Wild and peaceful at the same time and different from every graveyard I have seen so far. As you can see in the picture, people buy their grave stones already before they die. And since there are many bears around I made a reservation on my name as well.

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I will continue with the topic of dying. In Agnita we met a nice Romanian who just lost his wife. He as well spoke perfectly German since he worked at sport Conrad in Germany and besides inviting us over he told us that in Romania, the Romanian culture expects you to go to the grave stone of your partner every day for 6 weeks. After that you should stay without a new partner for at least a year. I don’t know what he is doing with his job in that time but I hope that German companies understand this.

Ok, before dying (of a bear attack, or the way up on the Transfagarasan) we wanted to party. And so, right behind sighisoara, we stopped at a village fest packed with people, a stage, with musicians and foods & drinks. We met Bianca who sold beer and her incredible home made visinata (liquor made of cherries). Bianca turned out to be our hero or angle for the night. She organized a place for us to stay (inside, on a real bed!), so that we could enjoy the party much longer. At the next day she gave us Romanian bread, self made marmalade and zakuska (spread made of vegetables) and visinata for the trip and even invited us for a coffee. We didn’t know what to say, in the end we just accepted it and enjoyed her incredible hospitality.

The village fest was full of exceptional experiences. The music was very traditional, people were dancing and it was nice to see Romanian, Roma and Siebenbuerger Sachsen celebrating at one place together. In all the other countries so far the cultures seemed rather separated. Especially the Roma women wore beautiful dressed and I was jealous for the long and wild dark hair. Generally I had the feeling that women were not drinking alcohol but Bianca told me it is common also for women and that way convinced me easily to try her amazing vvisinata.
Thereby we learned that “norog” is the Romanian “cheers” and later we were warned better not use the German “prost” cause that actually means “stupid”. Lukas was tested on a arm-wrestling battle and I had the unique experience of being “frotted upon” by several 10 year olds (at the same time) – boldly looking Lukas in the eyes while doing it. I was speechless before able to fight back but at least got some insights into the Romanian culture of male machismo. After I got one of the boys k.o. in arm wrestling, I was knocked out by a 15 years old and decided that my arm muscles need to increase.

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The party went on the next day when we reached “Kirchberg” the German name for Chirpăr, a small village.  Lukas just wanted to quickly refill the water bottles when Peter an old sachse living in Germany took over. We had no chance to leave again, partly due to the friendliness of Peter and his wife Elsa, partly because of the palinka and also because of the interesting stories about Rumania under communism and the time of the revolution. Peter and Elsa shared their first hand experiences with us and enjoyed being able to talk in German with us. Ultimately we ended up in a local bar, where the youth danced traditional  Rumanian dances, played billard or spent their money on gambling machines. Also here we got useful tips for life, e.g. The techniques to stop your partner from snoring, which we rather not want to repeat here. I think overall it was as local as it can get. again we were stocked by the way we have been welcomed and begifted when we left again.

After these two nights of celebration we felt best prepared for the 1600 altitude meters of the Transfagarasan.

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Transsilvanien bzw. Siebenbürgen liegt im Zentrum Rumäniens und wird hufeisenförmig durch den Karpatenbogen umschlossen. Landschaftlich ist Transsilvanien überwiegend eine welliges Berg- und Hügelland und ist nicht so dicht bewaldet wie der Karpatenbogen. Folglich für uns eine schöne Abwechslung und eine kleine Erholung für die Beine. Trotz der gemäßigten Topografie ging es auf dem Weg nach Praid Richtung Sighisoara nochmal über einen Pass auf 1000 moh.

Obwohl Siebenbürgen inmitten von Rumänien liegt, haben die meisten Städte deutschen Ursprung. Grund dafür ist, dass ab dem Jahre 1147 zur Zeit des ungarischen Königreichs deutsche Siedler aus dem Rhein- und Moselgebiet (Siebenbürgen Sachsen genannt) angeworben wurden um die Grenze Richtung Osten zu verteidigen. So haben die meisten Dörfer und Städte sowohl einen deutschen als auch einen rumänischen Namen, es wird zum Teil deutsch gesprochen und es gibt noch viele deutsche Schulen. Wir waren überrascht zu sehen, dass die Siebenbürger Sachsen noch 800 Jahre später sich klar als Deutsche sehen und keine Vermischung der Kulturen stattgefunden hat. Nach der rumänischen Revolution 1989 verließen die meisten Sachsen Rumänien. So stellen heute die Siebenbürger Sachsen mit weniger als 2 Prozent nur noch eine kleine Minderheit dar. Die Sachsen, Rumänen und Zigeuner leben hier friedlich zusammen, dennoch existiert eine klare Abgrenzung zwischen den Bevölkerungsgruppen, was uns besonders in den Gesprächen mit Sachsen und Rumänen deutlich wurde.

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Von Bicaz in Moldau aus führt der Bicaz-Pass über den Bergkamm der Karpaten nach Gheorgheni in Transsilvanien.

In Bicaz angekommen suchten wir nach einem Restaurant mit traditionellem, vegetarischen Essen – garnicht so leicht! Dabei trafen wir Alex der uns gleich zu sich nach Hause zum Kochen einlud.. endlich mal wieder eine richtig Küche! Den restlichen Nachmittag verbrachten wir so bei Alex’s Familie, machten Ofenkartoffeln und -gemüse sowie Kaiserschmarrn. Alex lebt eigentlich in der Nähe von Manchester, studiert dort Sound Engineering und hatte viel Spannendes zu erzählen. Erst spät konnten wir uns aufraffen um doch noch an den Fuß des Passes zu radeln.

Die Nacht über regnete es ununterbrochen und als auch am Morgen der Regen uns keine Pause ließ zum Abbauen, packten wir das nasse Zelt ein und fuhren den Pass hinauf. Alex’s Versprechen, dass der Pass einer der schönsten Straßen Rumäniens ist, bewahrheitete sich schnell: Unglaubliche Schluchten, Wasserfälle, enge Serpentinen und auch der Regen hörte schnell auf.

Die Vorstellung noch im Abend ein nasses Zelt aufzubauen und zu trocknen bewegte uns erstmalig dazu in einer Pension zu übernachten.. Die warme Dusche war auch sehr willkommen :)

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Nachdem wir den meisten Regen und die Kotzerei in Vatra Dornei überstanden hatten, radelten wir gemütlich entlang des Flusses Bistrita Richtung Stausee.

Die zwei Tage waren vor allem wegen des wunderschönen Lichts und der malerischen Landschaft ein Traum. Besonders Interesse haben die zum Teil abenteuerlichen Brücken über den Fluss geweckt (die Brücke, die Kiki auf dem Foto überquert, ist übrigens für Autos!).

Unsere Übernachtungen waren ebenso idyllisch: Die erste (eisige 2°C) Nacht schliefen wir am Flussufer mit Gesellschaft eines Pferdes. Die darauf folgende Nacht teilten wir unser riesiges Areal mit unzählig vielen Kühen, jungen Bullen, Pferden und auch Wildschweinen. Die Nacht war aufgrund der vielen Geräusche am Zelt nicht ganz so erholsam :)

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Rumänien begann für uns mit einem kleinen Kulturschock. Der Übergang von Ukraine zu Rumänien – back in Europa – war vor allem für Kiki krass. Nicht nur, dass 50 m hinter dem Grenzübergang das erste Kaufland-Schild prangerte, insgesamt blühte in Sighetu Marmatiei das konsumerische Leben und erst hier begriffen wir, wie wenig von all dem Kommerz und Handel doch in der Ukraine zu finden war. Ein ATM neben dem nächsten, Cafes über Cafes und viele Geschäfte mit dementsprechend vielen Menschen mit Einkaufstüten in der Hand. Nach einer Stunde beschlossen wir dem städtischen Trubel zu entfliehen und bewegten uns landeinwärts.

Maramuresch beeindruckt durch seine Ursprünglichkeit. Alte Holzkirchen und beeindruckende Holzhäuser -hinter grossen Toren mit wunderschönen Schnitzereien und hängenden Holzketten. Es gibt viel mehr Hotels und Ferienhäuser von denen es einige verstehen die alte Kultur in voller Pracht zu vermitteln. Man fühlt sich Jahrhunderte zurück versetzt.

Leider fühlten wir uns von den letzten 3 Wochen, in denen wir immerhin durch 4 Länder gereist sind, geistig und körperlich erschöpft. Und so viel es uns schwer die neuen Impressionen wie auch die neue Sprache richtig auf zu nehmen. Am 2. Tag spackte Lukas’ Magen herum und beschenkte ihm eine speiüble Nacht und Kiki, die bis dahin noch fit war, fand dann die 4. Nacht so richtig zum Kotzen. Aber – wie Arthur es treffend formulierte: Detox for free – nach 2 Ruhetagen im Murmeltiermodus (wir haben quasi durchgeschlafen, sogar trotz der eisigen Temperaturen) fühlen wir uns wieder fit.

Heute geht es weiter durch Bukowina um über den Bicaz-Pass nach Transsilvanien zu strampeln. Radfahrtechnisch und landschaftlich war Rumänien bisher toll, besonders der Tag mit Ness und Rob (wondering newly weds, ihre Hochzeitsreise geht 2 Jahre um die Welt) war überragend.

Schauen wie es weitergeht :)

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Die 4 Tage in der Ukraine waren letztenendes doch einprägsamen als wir es Anfangs erwartet hatten. Eigentlich war die Ukraine für uns nur ein Transitland, welches man – um dem Karpartenbogen zu folgen – durchqueren “musste” . Unser prinzipielles Ziel uns über die bereisten Länder und die aktuelle politische Lage zu informieren sowie die zahlreichen Bekanntschaften mit Ukrainiern, ließ uns dann doch tiefer in Land und Kultur eintauchen.

Ein paar Hintergrundinfos wollten wir vorab teilen: (Quelle: Wikipedia und Reiseführer)

  • Die Ukraine ist das ärmste Land Kontinentaleuropas mit einem Durchschnittsstundenlohn von 2,20 € in Kiew, zum Westen hin nimmt dieser noch ab.
  • Der Staatshaushalt der Ukraine war 2009 um 30% des BIP verschuldet, in 2015 waren es 80% (drohender Staatsbankrott)
  • Seit dem Zerfall der SU ist die Ukraine politische Schnittstelle Europas und Asiens was das grosse Interesse Russlands und Europas an dem Land erklaert. 2004 fuehrte Präsident Juschtschenko einen pro-europaeischen Kurs, der aber mit Janukowitsch wieder abegewendet wurde.
  • Politisch ist seit 2014 ein Assoziierungsabkommen mit der EU unterschrieben worden, welches auch eine Freihandelszone mit einschliesst.
  • Seit der Krimkrise wurden 4 Menschengrundrechte vorübergehend aufgehoben: das Recht auf Freiheit und Sicherheit, auf eine faires Gerichtsverfahren und auf Schutz des Familienleben.
  • Durch die fruchtbare Schwarzerde herrscht Landgrabbing multinationaler Unternehmen, seit 2002 sind 1,6 Millionen Hektar vergeben worden.

Wie haben wir die Ukraine kennengelernt?

Gleich zu Beginn konnte man spüren, dass wir uns wirklich in einem fremden, neuen Land befinden. Mal ganz abgesehen davon, dass die Markenzeichen Europas (Lidl und Kaufland) nicht mehr anzutreffen sind, fallen zuerst die anderen Autofabrikate auf: Eckige Kastenwagen, meistens mit verdunkelten Fensterscheiben, und aus dem Innenraum, der meist mit Zebra-, Leoparden- oder Tigerbezuegen ausgekleidet ist, dröhnt lauter Hiphop oder Metalmusik. Die erste Stadt hinter dem Grenzuebergang “Velykyi Bereznyi” hatte fuer uns nicht viel zu bieten: Eine grosse, staubige Strasse mit ein paar Cafes, Restaurants und Supermärkten. Dazu umherschlendernde Menschen von denen insbesondere die Männer uns teils mit uninterressierter, teils misstrauischer Miene beäugten. Das Cafe als absolute Männerdomäne (allerdings von Frauen bewirtschaftet) erlebten wir in der gesamten Ukraine. Interessanterweise wurden an den gemischten Tischen die Frauen nicht begrüßt. Es erschien uns als sei es angesagt möglichst hart und stark zu wirken, was den meisten Männern oder Jungs eine leicht aggressive Ausstrahlung verlieh. Wir verließen die Stadt auf eine Strasse, die mehr aus Schlaglöchern bestand, mit einem recht mulmigen Gefühl. Das wurde zusätzlich davon verstärkt, dass uns bei den Preisen wieder bewusst wurde wie priviligiert wir eigentlich sind: Ein Bier, eine Suppe oder ein Kaffee kostet umgerechnet 40 Cent. Und alleine sich Urlaub leisten zu können und visumsfrei durch Europa zu reisen bleibt für die Meisten hier ein Traum.

Das unbehagliche Gefühl verflog dann allerdings bereits am ersten Tag. Wir begaben uns langsam in das bergige Hinterland, dass hauptsächlich von Familien mit kleinen Subsistenzbetrieben bewohnt wird. Da die Dörfer oft nur aus einer einziegen Strasse bestehen, ziehen sich diese kilometerweit durchs Land und so lernten wir was es bedeutet auf ziellosen Strassen zu fahren. Für uns boten sie ein einzigartiges und sehr buntes Schauspiel des tagtäglichen Lebens. Die Menschen, die das Vieh in den frühen Morgenstunden auf die Wiesen treiben, oder beim grasen begleiten; Pferde, Kühe, Hühner – alle laufen frei herum und werden abends mit einem Stück Brot in den Stall gelockt; viel Landwirtschaft mit ganzen Familien, die man tagsüber auf den Feldern beobachten konnte. Die Armut fällt in dem Kontext wenig auf, da die Familien quasi Selbstversorger sind. Neben Vieh und Acker verfügt praktisch jedes Haus über einen eigenen Gemüsegarten.

Wenn auch die Häuser meistens von wunderschönen und liebevoll gestalteten Gärten umgeben sind, befindet sich stets vor dem grundstücksumgrenzenden Zaun eine kleine Bank, auf welcher Jung und Alt insbesondere die Abendstunden im Tratsch mit den Nachbarn oder den Vorbeifahrenden (so wie uns) verbringt. Es gab wirklich immer wieder neue Dinge zu entdecken und wir stießen auf viele lachende und erstaunte Gesichter, die unsere “Dobrih Dehns” aber stets freundlich erwiederten. Zwischendurch bot sich in regelmäßigen Abständen der imposante Anblick auf eine der kleinen (aber prächtigen) Kirchen. Teilweise sogar noch in Bau, thronen hier auf den Kirchtürmen glänzende Silber oder goldene Kuppeln, die Kiki irgendwann nur noch ‘blingblings’ nannte – teilweise richtig kitschig in einem Ozeanblau mit goldenen Sternen. Alles, von der Farbe, den Verzierungen und den Formen wirkt imposant und doch irgendwie fremd in dem sonst sehr ursprünglich und uhrigen Stil der Familienhäuser.

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Die Landschaft ist nach wie vor ein Traum. Wir geniessen vorallem die fruehen Morgenstunden, die die Berge und Taeler in so ein wunderschönes Licht eintauchen lassen. Die meiste Zeit radelten wir entlang von Flüssen, die bei den 35 Grad im Schatten willkomme und nötige  Abkühlung boten.

Bemerkenswert sind noch die ukrainischen Frauen, die uns in den Dörfern begegneten. Während die ältere Generation der Frauen dem klassischen Bild einer Bauersfrau (leicht korpulent, wankender Schritt, Schürze, Kopftuch, leicht klobige Schuhe, von Sonne markiertes Gesicht) entspricht, so ist die jüngeren Frauen- und Müttergeneration sehr schick unterwegs. Auch auf den unebensten und gerölligen Strassen sieht man die ukrainischen Frauen in Spitzenstatur, mit hochgesteckten Haaren, auf Highheels und in körperbetonten Kleidern unterwegs. Stilsicher und selbstbewusst schieben sie so auch Kinderwagen und tragen die Einkäufe. Die Frauen wirken stolz und stark.

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Die Männer – allerdings eher die, die man in den Cafes antrifft – wirken hier oft ein bisschen verbraucht. Alkohol und Rauchen sind hier auch früh am Morgen kein ungewohntes Bild und spätestens ab Mittags treffen sich hier die Männer und trinken gemeinsam. Viele wirken ein bisschen verrückt und meistens sehen genau diese in uns willkommene Gesprächspartner. Dass wir kein Wort Ukrainisch verstehen, ist für sie dann schwer zu verstehen. Das kann leider auch nicht durch eine immer lauter werdende Stimme oder festes, feeeestes Armdrücken (Lukas’ Arm) verändert werden. Einmal wurde es auch mit Augenstechen (Lukas’ Augen) versucht. Haha :D

Neben diesen Bekanntschaften haben wir richtig tolle Menschen kennengelernt. Mit einem älteren Mann in einer Kneipe, der den Schelm im Nacken sitzen hatte, haben gleich am ersten Tag ein Bier getrunken. Dann Olla und Vova, ein Pärchen, die in den Karpaten Wandern waren und uns zum ersten mal seit 4 Tagen die Speisekarte übersetzen konnten. Sie machten uns wieder bewusst, wie schwierig das Reisen für Ukrainier ist, die durch EU-Visa und die schlechte finanzielle Lage des Landes nicht die Möglichkeit haben sich Urlaub außerhalb der Landesgrenzen zu leisten (und uns dennoch auf unser Essen eingeladen hätten). Wenn sie die Ukraine verlassen, dann höchstens nach Polen – alle anderen Länder sind zu teuer und auch Polen ist mit dem aktuellen Dollarkurs für sie einfach nicht machbar. Dann Iwan (mit zwei Diploma: Eins als Zahnarzt und eins in der Liebe), der uns auf der Strasse anquatschte um uns mit seinem MTB einen Pass hinauf zu begleiten und uns oben auf einen Tee einzuladen (grün und so stark, dass wir bis 4 Uhr wach lagen). Durch Iwan fanden wir unseren bislang traumhaftesten Schlafspot direkt auf der Passhöhe.

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Und nicht zuletzt die vielen kleinen Begegnungen mit Cafe- und Restaurant-Personal. Als wir (steinreiche EU-Schnösel) einmal zu wenig Geld dabei hatten um das Essen zu zahlen, wollten sie uns den Restbetrag erlassen! Generell waren diese Begegnungen auf Grund der Sprachsbarriere immer lustig, insbesondere wenn wir erklären wollten, dass wir Vegetarier sind (lautes Grunzen und weitere Tiergeraeusche). Kulinarisch waren wir ein bisschen eingeschränkt auf Wareniki (Teigtaschen gefüllt mit Kartoffellpüree oder Käse) und Borschtsch (Rote Beete Suppe) – trotzdem lecker! Insgesamt wir haben die Ukraine mit einem guten Gefühl verlassen. Von der Krim Krise haben wir hier in der Karpatenukraine – auch auf explizite Nachfrage – übrigens gar nichts mitbekommen.

Bis zum nächsten Mal, Urkaine!

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