Letzte Woche Samstag brachte mich die Schnellfähre von Marmaris bis Rhodos – mit mir ein Haufen französischer Rentner, die mit dem Kreuzfahrtschiff vor Marmaris lagen und einen Tagesausflug nach Rhodos gebucht hatten. Die zwei Tage hatten wir richtig heftige Unwetter mit soviel Regen, dass die halbe Stadt abgesoffen ist. So war auch am Tag der Überfahrt die See noch etwas rauer, was man spätestens nach einer viertel Stunde in vielen Gesichtern erkennen konnte. Als dann endlich ein Mitglied der Crew mit Kotztüten durch die Gänge lief, kam ich mir vor wie beim Karnevalszug. Alle streckten sehnsüchtig ihre Arme nach den Tüten aus und der glückliche Mitarbeiter muss sich wie der Karnevalsprinz vorgekommen sein. Kotztüten Alaaaaf!
Was danach passierte könnt ihr euch vorstellen. Ich erreichte also die idyllische Insel in einem leichten Dunst von erbrochenem All-inkl-Essen.

Da Kiki mir so von Rhodos Stadt vorgeschwärmt hatte, verbrachte ich die ersten zwei Tage erstmal damit die Stadt am nördlichen Zipfel der Insel zu erkunden. Erst anschließend schwang ich mich wieder aufs Rad um gaaanz entspannt die restliche Insel in Form einer Inselumrundung mit einigen Abstechern zu sehen. Dabei lag mein Fokus darauf, die ganzen schönen Buchten und Strände zu finden, die (noch) nicht mit Hotelanlagen umringt sind. Und das ist auf Rhodos, besonders an der Ostküste, nicht mal so einfach. Aber auch abseits der Küste hat die Insel mit ihrer kargen Bergwelt viel zu bieten.
Ein schönes Finale und ich freue mich bis zum Rückflug noch etwas Zeit in Rhodos Stadt & Umgebung zu verbringen und die letzten sommerlichen Sonnenstrahlen vor dem Winter in Deutschland zu tanken.

Nach 2 1/2 wunderschönen gemeinsamen Monaten trennten sich letzten Samstag in Marmaris unsere Wege. Kiki fuhr eine letzte dicke Etappe (100 km und über 1000 Höhenmeter) nach Göçek um startet von dort mit ihrer Familie eine einwöchige Segeltörn.
Ich habe mich entschlossen die Tour entspannt auf Rhodos ausklingen zu lassen und nahm am Samstag die Fähre.

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Es war ein großes Abenteuer. Kiki und ich kannten uns davor nicht wirklich gut und haben trotzdem voller Zuversicht beschlossen eine lange Zeit zusammen zu reisen. Über solch einen langen Zeitraum bröckelt jede Fassade und man lernt sich richtig kennen, auch mit allen Ecken, Kanten und Eigenarten.

Zwei Stories zu dem Thema muss ich hierzu noch loswerden: In Sighisoara übernachteten wir in einem kleinen, süßen Hostel. Gast war unter anderem ein französischer Arzt mit dem wir am Abend essen waren. Am nächsten Morgen nahm er mich zur Seite und meinte, dass bei uns zwei große Egos aufeinander treffen und wir doch bitte über alles reden sollen weil er in uns ein gutes Team sieht. Als ich das später Kiki erzählte mussten wir beide schmunzeln und vermutlich hat er schon recht – wir können beide ziemliche Dickköpfe sein.
Die zweite Situation war in Marmaris in einer Okey-Bar (Okey ist ähnlich wie Rummikub). Dort trafen wir Mustafa der Kiki vom Nachbartisch bei einem falschen Zug erwischte. Er setzte sich zu uns und nach kurzer Zeit fragte er uns nach unseren Sternzeichen – beides Widder, eine angeblich explosive Kombination. Später las er noch aus unseren Handflächen und offenbarte uns unter anderem, wie ausgeprägt Kiki’s Rationalität sei und dass ich sehr leicht zum weinen zu bringen sei :)

Ich bin stolz darauf wie gut wir das hinbekommen haben. Zu keinem Zeitpunkt hatte ich den Wunsch doch lieber alleine zu radeln und habe es genossen all die schönen Erfahrungen mit Kiki teilen zu können.

Zudem haben wir festgestellt, dass wir als männlich-weibliches Duo sehr leicht mit den Menschen in Kontakt kommen. Nach dem Motto “ein alleinreisender Mann ist nicht so vertrauenserweckend und eine alleinreisenden Frau spricht man nicht an”. So kam der erste Kontakt meistens über mich zu Stande und oft war dabei Schnaps involviert. Kiki fiel es anschließend leichter einen innigen Kontakt mit den Familien, Frauen und Kindern aufzubauen und ermöglichte uns so erst richtig in die Leben einzutauchen. Definitiv ein gutes Duo! :)

Prost / na zdraví (CZ) / na zdravie (SK) / За здоровя (UA) / noroc (RO) / živeli (SRB) / gëzuar (AL) / hа здравје (MK) / yamas (GR) / şerefe (TK) auf eine geile Zeit Kiki!

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9 Tage radelten wir entlang der türkischen Küste bis Marmaris. Für mich absolut ein Land zum Wohlfühlen – die Menschen, das Essen, Feigen- und Granatapfelbäume am Straßenrand, karge Berge, Buchten, Traumstrände und nicht zuletzt das grandiose Wetter noch Ende Oktober. Und wir sind verdammt froh zu dieser Zeit hier zu sein – nicht nur wegen der teils anstrengenden Hitze sondern vor allem weil man bei vielen Küstenorten und Stränden erahnen kann wie furchtbar es dort bei Hochsaison sein muss.

Da ich momentan im absoluten Faulenzermodus bin, müsst ihr euch mit Fotos begnügen. Die dazugehören Geschichten erzählen wir euch dann daheim :)

Da uns Hanna gesagt hat, dass sie trotz unserer Blogeinträge immer noch keine wirklich konkrete Vorstellung von unserem Reise-Radel-Alltag hat, haben wir uns einen türkischen Tag rausgepickt für die ultimative Foto(not Love, I’m Sorry)Story. Es war witzigerweise der erste und einzige Tag an dem wir einen Platten hatten.

An dem Tag radelten wir von Çesme übers Inland Urla, Seferihisar nach Cumhuriyet wieder an die Küste.

7 Uhr Sonnenaufgang, langsam wach werden, Schwimmen gehen und dann auf in die Stadt für ein türkisches Frühstück mit Börek und Tee.

Kurz hinter Çesme darf Kiki ihren ersten Platten nach ca. 5000 km flicken. Weiter geht’s durch durch steppenartige Landschaft nach Urla – dank Melonen-Verkäufer am Straßenrand mit leckerer Pause am Wasser.

In Urla erwartet uns ein großer Markt. Wir verlassen die Stadt mit schönen Eindrücken und prall gefüllten Packtaschen voll mit Obst, Gemüse, Brot und Trockenfrüchten.

Bis Seferihisar müssen wir erstmal einen kleinen Pass überwinden um dann 20 km einer großen, verkehrsreichen Straße zu folgen – das gehört mangels Alternativen ab und zu dazu.. Mit der richtigen Einstellung oder Musik überstehen wir solche Durststrecken aber meist recht gut.

Ich komme in Seferihisar früher als Kiki an und befriedige erstmal meine Kaffeesucht mit dekadent serviertem türkischen Kaffee. Dabei komme ich mit Ömer, einem Musiklehrer aus dem Ort, ins Gespräch und werde prompt auf ein Pide eingeladen. Als Kiki dazu kommt nimmt der Abend seinen Lauf.. Rake, Bier, Geburtstagskuchen und interessante Gespräche führen dazu, dass wir die Zeit vergessen.

Erst in der Dämmerung können wir uns aufraffen die letzten Kilometer bis an die Küste zu radeln um uns dort einen Schlafplatz zu suchen – mit Erfolg. Wir hatten eine königliche Nacht auf einem alten Betonsteg.

Den nächsten Morgen ließen wir entspannt angehen und dösten noch in unseren Schlafsäcken.. Bis eine Windböe es schaffte Kiki’s Rad umzupusten. Leider stand es genau so, dass es mit der Packtasche auf ihren Kopf fiel. Ich sprang aus meinem Schlafsack um sie zu befreien und war dann sehr erleichtert Kiki lauthals lachen zu hören.
Später kam eine ältere Frau, die das Unglück gesehen hatte, zu uns auf den Steg. Sie hatte so süßes mütterliches Mitleid mit Kiki, versicherte sich, dass alles in Ordnung sei und gab uns noch eine Tüte voll mit Trauben und Granatäpfeln mit. Ein schöner, witziger Start in einen neuen Tag!

Von Mazedonien – oder “Skopje” wie die Griechen sagen -, radelten wir durch die Berge im Norden Griechenlands über Edessa nach Thessaloniki.

Nach der Etappe bis Thessaloniki bei Dauerregen und entlang großer Straßen freuten wir uns jedoch mehr auf eine heiße Dusche im Hostel als auf ein erstes Bad im Mittelmeer. Die Stadt und das Hostel haben uns so gut gefallen, dass wir dort zwei Tage verweilten und den Regen aussaßen um dann bei Sonnenschein entlang der Küste weiter bis Kavala zu radeln – mit vielen Pausen an den zahlreichen Stränden :)

In den letzten Tagen haben wir den Blog etwas vernachlässigt. Das lag unter anderem daran, dass wir momentan lieber faul am Strand liegen und schwimmen, es für Kiki’s Papa eine Überraschung sein sollte, dass Kiki auch pünktlich zur Segeltörn in der Türkei sein wird und ich es mal wieder geschafft habe meine Handy zu zerstören (Display versehentlich kaputt gebissen). Bald gibt’s mehr.. Aus der Türkei!!

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Die Strecke von Bicaj bis Peshkopi war einfach nur der Hammer. Wie haben eine Schotterpiste und vieeeele Höhenmeter erwartet. Mit den Höhenmetern hatten wir recht, die Straße war hingegen perfekt asphaltiert und schlängelt sich durch die imposante Bergwelt Albaniens..

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Von Prizren bis Kukës in Albanien gibt es nur eine vernünftige Route – über die Autobahn!

Für die Grenzbeamten war es völlig normal, dass wir mit dem Rad auf der Autobahn unterwegs sind und auch sonst scheint Vieles egal zu sein: In regelmäßigen Abständen sieht man kleine Holzleitern über die Leitplanken damit Fußgänger entspannter die Autobahn überqueren können. Einmal kam uns sogar ein Auto im Rückwärtsgang entgegen. Wir fühlten uns pudelwohl und genossen die seltene Erfahrung.

Die Landschaft, mit der uns Albanien begrüßte, war atemberaubend und kündigte an was für ein wildes, abenteuerliches Land uns nun erwartet. Hohe, schroffe, kahle Berge, tiefgrüne Weiden und ausgetrocknete Flusstäler.

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Nach einem kurzen Stopp in Kukës radelten wir aus der Stadt um einen Platz zum Zelten zu suchen. Es dämmerte bereits und unsere Beine waren müde von den steilen Anstiegen. So fragten wir einen Albaner, der gerade mit seinem Traktor vom Feld kam, ob er uns nicht den Berg hochziehen kann. Er hatte ebenso viel Spaß dabei wie wir, übergab seinem Bruder das Steuer und setze sich uns gegenüber auf den Anhänger um Fotos zu machen und mit uns zu quatschen. Im Dorf Bicaj angekommen, lud er uns noch auf einen Tee ein und sagte uns, dass wir auf dem umzäunten Gelände des Krankenhauses sicher campen können. Später kam jedoch ein Freund von ihm vorbei, führte uns zum Polizeirevier, zeigte uns einen Raum zum Schlafen und übergab uns den Schlüssel. Ein grandioser erster Übernachtungsort in Albanien!

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Nach zwei Nächten in Pristina war es wieder Zeit weiter zu ziehen. Unser nächstes Ziel im Kosovo war die zweitgrößte Stadt Prizren – aber nicht auf direktem Wege sondern über Ferizaj und den Prevalac (1560 moh) durch die hohen Berge im Süden.

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Eigentlich wollten wir als Nachtlager den Fuß des Passes noch erreichen (wir hatten Respekt vor den angeblichen 15 bis 22% Steigung) aber mal wieder kam alles anders. Etwa 10 km hinter Ferizaj kamen wir am Straßenrand mit Agron ins Gespräch. Er lebt seit 20 Jahren in Düsseldorf und besucht im Kosovo seine Familie. Kurzerhand wurden wir ins Haus eingeladen in dem seine Mutter und sein Bruder mit seiner Frau und seinen drei Kindern lebt.

Für uns war es das erste mal in einer albanischen Familie und wir durften eine sehr herzliche, neuartige Gastfreundschaft und Kultur erleben. Spontan und ohne von uns zu wissen kamen am Abend noch Onkel, Tanten, Cousins, Cousinen und Freunde zu Besuch – full House! Die Frauen machten Abendessen, alle die essen wollten saßen zusammen in der Küche um einen flachen runden Tisch auf dem Teppich, die Anderen saßen im Wohnzimmer, quatschen, spielten mit den Kindern und tranken Tee.

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Schon die Einrichtung macht deutlich wieviel Wert hier auf Familienleben, Gastfreundschaft und Spontanität gelegt wird: Im Salon bzw. Wohnzimmer erstreckte sich das längste Ecksofa, das ich je gesehen habe. Hier ist Platz für bestimmt 20 Personen und bleibt der Besuch spontan über Nacht, lassen sich alle Sofas zu Betten ausziehen. Ähnlich ist es in der Küche: Dadurch, dass am Boden gegessen wird (super angenehm und schön!) und es keine Stühle gibt, ist die Anzahl an “Sitzplätzen” nicht begrenzt. Kommt noch ein weiterer Gast zu Besuch, wird einfach ein bisschen enger zusammen gerückt.

Was uns faszinierte war nicht nur das schöne Miteinander sondern auch das entspannte Nebeneinander. Als Gast fühlten wir uns herzlich umsorgt aber nicht als Zentrum des Geschehens, was die gesamte Situation sehr entspannt macht.

Nach einer bequemen Nacht im Gästezimmer verbrachten wir am Morgen noch gemütliche Stunden mit der Familie, genossen ein üppiges Frühstück und Kiki konnte sich noch im Frittieren von Gebäck (ähnlich wie Quarkbällchen) und dem Melken der Kuh versuchen. Nach einer finalen Stärkung mit Baklava und Kaffee radelten wir weiter Richtung Passhöhe.

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Die gesamte Strecke über den Prevallë-Pass bis Prizren war unglaublich und wir waren so euphorisiert von den Bergen und Panoramen, dass wir die Anstrengung schnell vergessen hatten.

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Über Lebane reisten wir von Osten in den Kosovo ein. Ein anstrengender Grenzübergang auf ca. 1000 moh und zudem ein aufregender: Da Serbien die Autonomie Kosovos nicht anerkennt, quittiert der serbische Zoll in der Regel nicht die Ausreise im Reisepass. Bei der erneuten Einreise nach Serbien kann es daher zu Problemen kommen. Zudem soll es angeblich üblich sein, dass der kosovarische Zoll nicht direkt im Reisepass sondern auf einem eingelegten Blatt stempelt um Komplikationen mit anderen Ländern zu vermeiden. Bei uns kam alles anders: Kiki bekam einen serbischen Stempel zur Ausreise (ich nutzte den Personalausweis) und die kosovarischen Grenzbeamten stempelten direkt im Reisepass.

Wir hatten keine Ahnung, was uns im Kosovo erwarten würde. Reisende erzählten uns von den gastfreundlichen Kosovaren – vorallem gegenüber Deutschen – und der schönen, bergigen Landschaft; Hingegen warnten uns die Serben vor den Kosovoalbanern. Sie selber hätten Angst in den Kosovo zu fahren, da die Albaner die Serben “hassen” und körperlich Übergriffe nicht selten seien.
Uns stellte der Konflikt zwischen den Kosovoalbanern und der serbischen Minderheit vor banale Fragen, z. B. auf welcher Sprache man nun Kosovaren grüßen sollte.

Die erste richtige Stadt hinter der Grenze war gleich die Hauptstadt Pristina – auf den ersten Blick sympathisch. Vom Stadtbild gibt es keine auffallende Unterschiede zu Serbien bis auf die Minarette der Moscheen die hier vermehrt anstelle von Kirchtürmen über die Dächer ragen.
Auffallend in Pristina ist die allgegenwärtige Präsenz unterschiedlichster Cafés und der Kaffee bzw. der Macchiato ist hier wirklich unfassbar gut. Wer meint im Wien sei die Dichte an Kaffeehäusern groß, sollte mal nach Pristina reisen! Zum Kaffee gibt es oft noch eine reiche Auswahl an süßen Teilchen, Kuchen und Torten die auch noch verdammt günstig sind. Ihr könnt euch also vorstellen, wie wir hier die Zeit verbringen.. Aus einer geplanten Übernachtung in Pristina sind bereits zwei geworden :)

In Gesprächen mit jungen Kosovoalbanern wird immer wieder deutlich, dass eine große Angst und Vorurteile gegenüber den Serben existieren und die Problematik in den Menschen und nicht der Politik gesehen wird. Wir haben von beiden Seiten gehört wie vermeintlich gefährlich die Albaner bzw. Serben seien und wie übel die Absichten (Großserbisches bzw. -albanisches Reich) der jeweiligen anderen ethnischen Gruppe seien und dabei wird gleichzeitig beteuert, dass ihre eigenen Absichten Friedliche sind.. Eine prekäre Situation. Wir sind gespannt mit mehr Kosovaren und Albanern über die Situation zu sprechen und mehr über die Hintergründe des Konflikts zu erfahren.

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Nun haben wir nach über 4 Wochen in den Karpaten diese mit einem pompösen Finale endgültig hinter uns gelassen – dem Donaudurchbruch mit den Karpaten zur einen und dem Balkan Gebirge zur anderen Seite.

Ziemlich exakt vor einem Jahr radelte ich auf der rumänischen Seite durchs eiserne Tor Richtung Schwarzes Meer. Dieses mal verließen wir Rumänien über den Staudamm hinter Orsova und radelten auf der serbischen Seite durch die fjordähnlichen Schluchten. Wie auch letztes Jahr war es regnerisch und bewölkt, was die Szenerie noch mystischer und magischer gestaltete.

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