Eine super schöne Stadt – vielleicht nicht ganz so pompös, wie ich mir es nach den Erzählungen ausgemalt hatte. Ich verbrachte 3 Tage größtenteils damit durch die Altstadt zu schlendern, jeden Winkel zu entdecken und leckeres polnisches Essen zu probieren.

Heute zieht es mich aber weiter Richtung Zakopane am Fuße der Tatra, dem höchsten Teil der Karpaten. Nach 10 Wochen ohne richtige Berge freue ich mich unglaublich wieder durchs Gebirge zu radeln. Leider soll es nach der  Wetterprognose kalt und nass werden. Drückt mir die Daumen, dass sich die Wetterfrösche irren :)

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Die letzten zwei Tage bin ich durch Kleinpolen, den südliche Teil Polens um Krakau, pedalliert und bin begeistert – mein liebstes Stück Polen bisher! Hier schlängeln sich kleine Straßen zwischen den Hügeln durch die Felder und verbinden die zahlreichen, kleinen Ortschaften. Immer wieder treffe ich auf gut gelaunte Polen bei der Kartoffel- und Apfelernte. Neben dem grandiosen Wetter (25°C und Sonnenschein) habe ich die wenig befahrenen und guten Straßen genossen.

Bisher war die Routenwahl in Polen stets ein Kompromiss zwischen zu viel Verkehr und schlechten Straßenzuständen. Aufgrund des hohen Verkehraufkommens verlagert sich viel LKW-Verkehr auf die Landstraßen und selbst auf den tertiären Straßen ist man vor den rücksichtslosen Trucks nicht sicher. Die noch kleineren Straßen sind häufig Schotter-, Sand- oder Kopfsteinpflasterpisten. Vorgestern bin ich auf eine solche geraten und brauchte für 8 km etwa zwei Stunden.. aber ich habe ja Zeit :)

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Nach 5 Tagen in Polen bin ich Freitag in der Hauptstadt angekommen und verweilte dort zwei Tage.

Von der Grenze Litauens ging es erstmal nach Westen durch die Masuren bis Gizycko und Mikolajki – ein sehr schöner Teil Polens mit geschwungene Hügellandschaften, kleine sympathische Dörfer und vielen Seen. Leider ist es im Gegensatz zu Finnland viel schwieriger mal eine Stelle zum Baden zu finden. Die Seen sind meist umringt mit Privatgrundstücken und viele Schilder (nicht so schlimm wie in Deutschland) weisen darauf hin, dass Betreten nicht gestattet ist. In der Hinsicht hat mir Skandinavien mit der geringen Bevölkerungsdichte und dem freizügigen Verhältnis zum eigenen Privatgrund besser gefallen.

Nachdem mir Viele erzählten, dass Warschau im Vergleich zu Krakau eher langweilig und hässlich ist, war ich extrem überrascht. Zwar ist die “Altstadt” größtenteils nach dem zweiten Weltkrieg entstanden, wirkt aber trotzdem urig und gemütlich. Bei dem sonnigen Wetter ziehen die Menschen durch die Straßen, die Eisdielen boomen, Straßenkünstler und -musiker geben ihr Bestes und am Abend verlagert sich das Leben in die zahlreichen Bars und Restaurants. Wenn Warschau schon so super war, wie grandios muss dann Krakau sein? Ich werde Ende der Woche berichten :)

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"Altstadt" Warschaus

4 Monate radel ich nun schon durch Europa und kann gar nicht genug davon bekommen. Das Leben ist simpel aber (oder gerade deswegen) doch so prall gefüllt mit täglichen Abenteuern, schönen Begegnungen, wechselnden Umgebungen und natürlich viel frischer Luft. Die minimalistische Körperpflege tut dem kein Abbruch: Ab und an mal ins Wasser hüpfen, alle ein bis zwei Wochen duschen und Haare, die mir in den Mund wachsen, werden einfach abgeschnitten. Auch nach langem Überlegen fallen mir keine Luxus- oder Komfortartikel ein, die ich vermisse.. Nagut, so ein richtiges Frottee-Handtuch ist schon geiler als ein quietschender Mikrofaser-Lappen :)

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Seit Finnland habe ich mich zwangsläufig daran gewöhnt im Wald zu zelten. Nachdem ich mich an die umher laufenden und grunzenden Rentiere (ja die grunzen und schmatzen wirklich!) gewöhnt hatte, ist der Wald mein Lieblingsort zum Zelten geworden. Am besten sind Pinienwälder, da am Waldboden meist nur Moos und Flechten wachsen und sich so meist ein freies, ebenes und vorallem weiches Plätzchen finden lässt.

Auch Estland, Lettland und Litauen sind ausreichend bewaldet, so dass ich mich nicht umgewöhnen musste. Erst in Polen wurde es schwieriger. Hier gibt es vergleichsweise mehr kultiviertes Land und wenn ich mal einen Wald finde, ist dieser meist so dicht, dass ich dort lange nach einem geeigneten Platz suchen muss.

Aber das eigentliche Problem sind hier die Tiere, die mir den Schlaf rauben. Es gibt Kleintiere – und ich wusste lange nicht welche -, die es lieben unter den Zeltboden zu krabbeln und es auch schaffen, sich unter der Luftmatratze (mit meinem Gewicht!) durch zu kämpfen. Klingt lustig, ist es aber nicht! Denn jedesmal wenn ich mich im Zelt bewege habe ich Angst ein solches Tier zu zerquetschen. Manchmal passiert es, dass der Zeltboden an einer Stelle nachgibt, weil dort ein Tierchen saß. Und natürlich werde ich stets wach, wenn ich mal wieder untergraben werde. Na und welche Tiere sinds? Frösche!

Heute Abend sinds aber ausnahmsweise nicht die Frösche, die mich wach halten, sondern Hirsche. Es scheint Paarungszeit zu sein und es bekommt wohl jener das Weibchen, der am lautesten Röhren kann (abgesehen von den Brunftkämpfen). Und das ist verdammt laut! Hier kreisen ca. 5 Hirsche umher und kommen bis auf wenige Meter ans Zelt ran. Wenn die dann los röhren ist das in etwa so laut, als würde jemand im gleichen Abstand mit der Kettensäge Bäume fällen. Obwohl ich keine Hirschkuh bin, imponieren mir diese Laute sehr :)

Letztendlich müssen wohl noch ein paar Nächte in polnischen Wäldern vergehen, bis ich mich an das rege Tierleben hier gewöhnt habe und entspannt (ein)schlafen kann..

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3 Wochen bin ich nun durchs Baltikum geradelt und ein Fazit fällt mir schwer. Mit der anfänglichen Vorstellung, dass die baltischen Staaten ähnlich sind, lag ich ziemlich daneben. Es war spannend zu sehen, wie sehr sich doch die Länder, Menschen und Mentalitäten unterscheiden – das gilt besonders für die kleinen Orte und auf dem Land. Hätte ich nur eine Städtetour über Tallinn, Riga und Vilnius gemacht, wären die Unterschiede sicher nicht so deutlich geworden.

Estland ist für mich wie ein kleines, komprimiertes, südliches Finnland. Viel Wald, Blaubeeren, herzliche Menschen und verträumte Ortschaften. Der große Vorteil ist, dass alles auf sehr kleinem Raum konzentriert ist. In Finnland fuhr ich teilweise über 200 km von Ort zu Ort; in Estland vergehen selten 10 km ohne eine Ortschaft oder welchelnde Landschaften. Super für Radtouren!

Am schwersten fällt mir eine Fazit zu Lettland – wahrscheinlich weil ich die meiste Zeit in Riga verbrachte und sich die europäischen Metropolen doch alle ähneln. Hier merkte ich das erste mal deutlich, dass ich nicht mehr in Skandinavien bin und empfand die Menschen als ernster und reservierter.

Über Litauen habe ich ja bereits ausführlich berichtet. Die Menschen wirkten hier nicht nur ernst, sondern häufig mürrisch. Auf dem Land leben die Menschen teils in zerfallenden Häusern unter sehr einfachen Verhältnissen. Viele Häuser besitzen einen eigenen Nutzgarten und Acker zur Selbstversorgung. Hier sah ich auch erstmalig auf der Tour, dass Pferde noch zur Feldarbeit eingesetzt werden. Ab Vilnius wandelte sich mein Eindruck von den Litauern, unter anderem durch viele nette Bekanntschaften, verdammt schöne, lebensfrohe Frauen und das heitere Straßenleben in Vilnius. Nach diesen positiven Erfahrungen tut es mir beinahe leid den Post zu den mürrischen Litauern verfasst zu haben. Dies zeigt jedoch, dass eben der Eindruck mit der Zeit differenzierter wird und manchen Ländern, Menschen, Dingen etc. diese Zeit gegeben werden sollte.

Auf geht’s nach Polen!

Was ein Finale im Baltikum! Nachdem ich die letzte Nacht in einem wunderschönen Pinienwald kurz vor Druskininkai übernachtet habe, bin ich auf dem Weg in die Stadt an einer kleinen Wakeboardanlage am Alta See vorbei geradelt. Ich gesellte mich zu den Jungs in die Sonne, quatschte und schaute bei der wilden Wasserakrobatik zu.

Wie einige von euch vielleicht wissen, waren meine ersten und letzten Versuche auf dem Wakeboard nicht sehr erfolgreich: Wie sehr ich es auch wollte, ich bekam meinen Arsch nicht aus dem Wasser und schrammte jedesmal mit den Fingern über die Boardkante. Das Fazit danach war klar – mein Arsch ist einfach zu schwer!

Doch die Litauer ermutigten mich zu einem neuen Versuch und erklärten mir, dass der Start bei so einer Anlage viel einfacher ist als beim Boot, da man förmlich nach oben aus dem Wasser gezogen wird. Na gut.. also rein in den Neopren und ab aufs Board! Wenige Startversuche später stand ich auf dem Board und surfte über den See. Da die Anlage nur einmal quer über den See geht, bremst die Winch kurz vorm Ufer ab und beschleunigt neu in die andere Richtung. In der Zeit muss man irgendwie mit seinem Schwung auskommen und wenden. Obwohl viele Anfänger Schwierigkeiten damit haben, klappte es bei mir auf Anhieb und ich drehte mehrere Runden am Stück über den See.. ein riesen Spaß! Wann immer ihr in Litauen seid, besucht diese Anlage! Der Besitzer ist ein super netter Typ!

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Ähnlich wie das autonome Hippie-Viertel in Kopenhagen “Christiania”, hat das Künstlerviertel Užupis seine Unabhängigkeit von Vilnius und Litauen erklärt. Die Republik Užupis hat ihre eigene Flagge, Währung, Präsidenten, Verfassung (siehe unten) und eine 12 Mann starke Armee, die aber wieder auflöst wurde weil keiner Angst vor ihr hatte. Betritt man Užupis, weist ein Schild auf die wichtigsten Grundregeln hin, unter anderem “Keep Smiling” (dem Präsidenten missfällt der mürrische Gesichtsausdruck vieler Menschen) und ein generelles Tempolimit von 20 km/h.

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Die Republik Užupis und die wichtigsten Regeln

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"Backpacker-Jesus", eine der vielen Skulpturen in Užupis

Die Verfassung von Užupis:

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Mein Weg durch Litauen führte nach Kaunas, Litauens zweitgrößter Stadt mit einem schönen historischen Zentrum. Bis einschließlich Kaunas hat mich Litauen eher enttäuscht, daher lag es eigentlich nahe von Kaunas schnell über die polnische Grenze zu radeln. Aber ich wollte Litauen noch eine Chance geben und entschloss den großen Umweg (ca. 2 Tagesetappen mehr) über Vilnius zu fahren – und es hat sich gelohnt!

Vilnius ist eine wunderschöne Stadt mit einer verhältnismäßig großen Altstadt und über 50 Kirchen. Im Gegensatz zu Riga und Tallinn ist der Stadtkern weniger gedrungen und die Stadt scheint viel weniger Touristen anzuziehen. Es war ein seltener Genuss in der Stadt zu sein und aufgrund der Weitläufigkeit trotzdem durchatmen zu können. Entgegen meiner ursprünglichen Plans verweile ich nun schon den dritten Tag hier mit netten Menschen (auch Litauern!). Morgen solls entlang der weissrussischen Grenze weiter Richtung Polen gehen, aber das habe ich gestern auch schon gesagt.

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Bisher ist es mir nirgendwo so schwer gefallen mit den Einheimischen in Kontakt zu kommen wie in Litauen. Viele Litauer wirken verschlossen, mürrisch oder melancholisch. Grüße oder lächel ich, werde ich meist nur entgeistert angeschaut. Auf Wikitravel fand ich folgende Textstelle, die meine Erfahrungen – vielleicht etwas überspitzt – bestätigt:

“Lithuanians may appear sad, depressive (suicide rates in Lithuania are among the highest in the world), a little bit rude and suspicious, so talking about your good health, wealth, and happiness could be sometimes taken negatively. Smile at a Lithuanian in the street and most likely they will not respond in kindness. Smiling in Lithuania is traditionally reserved for friends; smile at a stranger and they will either think you’re making fun of them and there’s something wrong with their clothes or hairdo, or that you must be an idiot.”

Ich habe lange probiert das Verhalten mit der Geschichte Litauens und dem Lebensstandard zu begründen. Letztendlich sind mir aber mindestens genauso viele Gegenbeispiele eingefallen, dass eben diese Faktoren nicht mit dem Wohlergehen und der Lebensfreude korrelieren. Und wem schadet ein Lächeln und eine positive Lebenseinstellung schon?

In Tromsø kaufte ich mir das Buch “Thinking, fast and slow” von Daniel Kahneman – sehr zu empfehlen. Kahneman zitiert dort viele spannende Studien, unter anderem auch Untersuchungen, wie der Gesichtsausdruck die Wahrnehmung und Bewertung der Umwelt beeinflußt. Um einen lächelnden oder mürrischen Gesichtsausdruck zu simulieren, sollten die Probanden einen Stift auf zwei unterschiedliche Arten in den Mund nehmen: Der Stift quer zwischen den Zähnen entspricht einem Lächeln; wird der Stift mit der Spitze nach vorne zwischen den Lippen gehalten, scheint der Gesichtsausdruck mürrisch. Anschließend wurden verschiedene Situationen gezeigt und die Probanden sollten diese bewerten. Die Ergebnisse sind eindeutig: Insgesamt führt der lächelnde Gesichtsausdruck zu einer Wahrnehmung, die deutlich optimistischer, heiterer, positiver etc. ausfällt. Das heißt mit einem Lächeln beglücken wir nicht nur unsere Mitmenschen, sondern bereichern auch unser Leben!

Also liebe Litauer: Lacht doch mal! Oder schiebt euch einen Stift zwischen die Zähne, aber bitte quer :)