Was für eine geile Zeit!

Jede Zusammenfassung wird der unglaublichen Vielzahl an wunderschönen Erlebnissen und Begegnungen nicht gerecht. In dem letzten halben Jahr radelte ich durch 15 Länder; erlebte unterschiedlichste Landschaften und Kulturen; traf wunderbare, inspirierende Menschen; durchlebte euphorische Höhen aber auch Tiefpunkte und kam an meine physischen und psychischen Grenzen. Die wesentlichen Konstanten waren das minimalistische Leben – größtenteils in der Natur – und die vielen Stunden auf dem Rad.

Die folgende Karte zeigt die gesamte Route anhand der Übernachtungsorte, die ich täglich mit meinem GPS gespeichert habe:

Für diejenigen, die es hart mögen, hier die Fakten:

Dauer: 6 ½ Monate
Distanz: ca. 11000 km
Länder: Dänemark, Schweden, Norwegen, Finnland, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakei, Ungarn, Serbien, Rumänien, Bulgarien, Türkei
Durchschnittliches Tagesbudget: 15 €
Fahrradpannen und -reparaturen: 5 Platte, 1 neuer Mantel, 1 neue Kette

Irgendwann musste es kommen – das Ende der Radreise. Sonntag Abend ging mein Flug von Istanbul nach Eindhoven. Auf dem Weg nach Aachen legte ich noch einen Zwischenstopp bei Guus in Beek en Donk ein. Nach einem witzigen Abend in der Dorfkneipe mit belgischen Starkbier und einem typisch holländischem Frühstück stand nun die letzte Etappe nach Aachen bevor.

So sehr ich mich auch freue Familie und Freunde wiederzusehen, schmerzt es doch den geliebten Lebensstil der letzten Monaten (zum Teil) aufzugeben und ich hoffe, dass ich viele Aspekte der Reise im Alltag erhalten kann.

In den nächsten Tagen folgt eine Zusammenfassung der Tour mit Übersichtskarte der gesamten Route..

Finale! Und was für eins!

Die letzten Kilometer in Istanbul rein waren wohl die nervenaufreibendsten der gesamten Tour. Der türkische Fahrstil kombiniert mit 5 spurigen Straßen (pro Richtung) sorgt definitiv für Adrenalinkicks und Schweißausbrüche.

Tarkan hat mir vorab geschrieben, dass ich seinen Cousin Bülent, der mit seiner Frau und seinem Sohn in Istanbul wohnt, besuchen kann. Als ich dort ankam, nahmen Sie mich super herzlich auf und es war selbstverständlich für Sie, dass ich auch dort übernachte. So verbrachte ich zwei wunderschöne Tage in der Familie mit unfassbar leckerem türkischen Essen. Am zweiten Tag führte mich Barış, der Sohn, durch Istanbul. Neben den wichtigsten Sehenswürdigkeiten genossen wir auch Unmengen an Baklava – das wohl leckerste Dessert weltweit!

Die restlichen Tage verbringe ich in einem schönen Hostel in Sultanahmet, dem historischen Kern Istanbuls. Ich bin froh noch einige Tage hier zu sein, da es  soviel zu entdecken gibt..

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Die Türken sind unglaublich! Nie habe ich eine solche Herzlichkeit und Gastfreundschaft erlebt. Seit dem Grenzübergang ist Shosho und mir soviel Schönes widerfahren, dass es jetzt schon schwer fällt, mich an Alles zu erinnern.

Es ging schon vor der Grenze los, als ein türkischer Autofahrer uns den Pass hochstrampeln sah und anbot uns samt Fahrrädern bis kurz vor Istanbul zu chauffieren. Wir lehnten jedoch dankend ab. Nachdem wir den Pass und den Grenzübergang passiert hatten, radelten wir zur nächsten Stadt, um Essen zu besorgen. Doch dazu kam es nicht, denn noch vor der Stadt wurden wir an einem Rastplatz von einer Gruppe älterer Türken zu köstlichen Sandwiches eingeladen. Später in der Stadt wollten wir eigentlich nur Geld am Automaten ziehen, aber daraus wurde ein heiteres Gewusel. Kinder kamen angelaufen um uns zu begutachten und zu begrüßen, wir quatschten mit den Einheimischen und landeten dann doch in einem Lokal und genossen unsere erste türkische Mahlzeit.. Und so grandios ging es die ganze Zeit weiter! Die nächsten Tage werden spitze!

Die folgenden Bilder sind von Shosho, der stets im passenden Moment die Kamera zur Hand hat.

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Das Wetter ist zwar nicht das Beste, aber die unglaublichen Begegnungen machen das locker wett. © Shosho Chang

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Gruppenfoto mit den Türken, die uns am Rastplatz zum Snack einluden. © Shosho Chang

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Begrüßung der Kids in Saray. © Shosho Chang

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Lecker Essen gibt's auch noch! © Shosho Chang

Nach einer Nacht in Malko Tarnovo, kurz vor der türkischen Grenze, verlasse ich heute schon wieder Bulgarien – mit gemischten Gefühlen.

Für Radfahrer ist Bulgarien eine Herausforderung. Das liegt zum einen an der Topographie (flach ist es eigentlich nie) und zum anderen am Straßennetz und den Autofahrern. Verlässt man die Hauptstraßen, sind die Straßenverhältnisse meist so mies, dass man nur mühsam voran kommt. In manchen Regionen ist wiederum das Straßennetz so weitmaschig, dass sich stark befahrene Straßen nicht vermeiden lassen. So musste ich zwei Streckenabschnitte auf der Autobahn fahren – definitiv eine Erfahrung!

Die bulgarische Schwarzmeerküste ist zwar stellenweise echt schön, hat mich aber insgesamt enttäuscht. Die vielen Resorts, die eher wie Vergnügungsparks wirken, und Hotelkomplexe überhäufen die gesamte Küste. Jetzt in der Nebensaison sind diese Orte (hässliche) Geisterstädte, wo nur noch Bauarbeiter bei den Vorbereitungen für die nächste Saison anzutreffen sind.

In Bukarest traf ich mehrere Bulgaren und wann immer ich erzählte, dass ich durch Nordwestbulgarien und Vidin geradelt bin waren die Reaktionen in etwa “Oh Gott, wieso denn ausgerechnet da? Das ist der schlimmste Fleck Bulgariens!”. Aber im Rückblick muss ich sagen, dass mir der Teil besser als der Rest Bulgariens gefallen hat, besonders aufgrund netter Begegnungen mit Bulgaren dort. Je weiter ich mich von Serbien entfernte – das gilt in gleicher Weise für Rumänien – desto mürrischer und distanzierter wurden die Menschen.

Die Schönheiten Bulgariens, die mir wahrscheinlich viel besser gefallen hätten wie Sofia, Slavena, Plovdiv und die prächtigen Berge lagen leider abseits meiner Route. Allerdings wird dies sicher nicht meine letzte Radtour durch den Balkan gewesen sein. Aber jetzt freue ich mich erstmal auf die Türkei!

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Trotz Regen haben Shosho und ich stets viel Spaß. Er hat es allerdings mit dem vielen Gepäck bergauf schwerer..

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Es lässt sich nicht mehr leugnen: Auch in Bulgarien ist Herbst.

In Varna traf ich Shosho Chang aus Taiwan auf seiner Weltreise – per Rad! Seit 11 Monaten sitzt er schon auf seinem Sattel und ist quer durch China, Russland und Europa geradelt. Zufällig trafen wir uns in Burgas wieder, dinierten gemeinsam und beschlossen noch einen Tag länger hier zu bleiben. Für die nächste Nacht gönnten wir uns ein gemeinsames Doppelzimmer in einer Pension, wo wir königlich entspannen können (die Nacht zuvor schlief ich in einem begehbaren Kleiderschrank).

Es ist schön einen Radreisenden zu treffen, der ebenfalls seit mehreren Monaten unterwegs ist und mit dem ich mich über die persönlichen Erfahrungen austauschen kann. Zudem pflegen wir die gleichen Bedürfnisse: Unmengen an Essen und viel Schlaf :)

Da Shoshos nächstes Etappenziel ebenfalls Istanbul ist, werden wir die nächsten Tage zusammen radeln und sicherlich viel Spaß haben.

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Zwischen Varna und Burgas befindet sich ein langer Strandabschnitt “Irakli”, der im Sommer von den Hippies bevölkert wird. Sie leben am Strand oder im angrenzenden Wald so lange das Wetter schön ist. Als ich dort ankam, waren leider keine Hippies mehr da, nur noch Überreste von den Zeltkolonien. Ich genoss es jedoch so sehr einen riesigen Strand für mich alleine zu haben, dass ich dort zwei Tage verweilte und faulenzte..

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Hinter dem Fluss beginnt das Hippie-Territorium

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Nachts bei Mondschein, nur umgeben von Bäumen, Sand und Meer, bekommt der Ort was mystisches

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Beladenes Rad + Sand = Muskelkater

Gerade in Hostels bekomme ich bei anderen Reisenden mit, wieviel Zeit sie mit Planen verbringen: Flüge, Busverbindungen, Übernachtungen, Transfer zu Sehenswürdigkeiten.. All das entfällt beim Reisen per Rad. Ich setze mich einfach aufs Rad, fahre wohin ich will und wenn ich müde bin, suche ich mir einen schönen Platz fürs Zelt. Klingt grandios, ist es auch! :)

Der Flug heim ist nach langem der erste Termin dessen Einhaltung Planung bedingt. Da ich soviel Zeit in Bukarest verbrachte, wurde es zeitlich knapp. Ich überlegte, wie ich in der kurzen Zeit noch nach Istanbul komme und dort möglichst ein paar Tage verbringen kann. Die einfachste Option übersah ich dabei lange Zeit: Den Flug umbuchen! Für ein paar Euro extra habe ich nun einen späteren Flug gebucht und fühle mich wieder pudelwohl..

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Kein Pudel, fühlt sich trotzdem verdammt wohl. Es ist übrigens der gleiche streunende Hund, der bei der Geigenmusik entspannte.

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Varna bei Nacht

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Durch all die Strandbars und Cafés ist teils schwer überhaupt an den Strand zu kommen

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Die Hauptfußgängerzone Varnas. Zumindest Einer scheint die Musik (Titelmelodie des Paten) der Violinistin zu genießen :)

Endlich wieder am Meer, Yeah! Meinen ersten Kontakt mit dem Schwarzen Meer hatte ich nicht in Varna, sondern etwas nördlicher bei Balchik. Schon wenige Kilometer vor der Küste erblickte ich das Meer am Horizont und musste mich nur noch durch den Ort bis an den Strand herab rollen lassen. Trotz all der Euphorie endlich am Schwarzen Meer angekommen zu sein, konnte ich mich nicht überwinden ins Wasser zu springen. Aber das werde ich hoffentlich die nächsten Tage nachholen :)

Entlang der Küste bis Varna bekam ich einen ersten Eindruck von der immensen Tourismusinfrastruktur. Es ist erschreckend wie selten man dank riesiger Hotelanlagen tatsächlich das Meer sehen und nutzen kann. Häufig scheint das Meer nur als Ausblick für die vielen Pools zu dienen. Es gibt sogar eine Kartbahn mit Meerblick – geht’s noch bescheuerter? Hoffentlich finde ich auf dem Weg Richtung Türkei noch halbwegs natürliche Küstenabschnitte..

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Eins der zahlreichen kleinen, bulgarischen Dörfer auf dem Weg nach Varna

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Blick über Balchik aufs Meer

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Die Küste bei Balchik und mein Rad beim Sonnenbad